Berlin, 12. Januar 2021 – Angesichts des bekanntgewordenen Formulierungsvorschlags der großen Koalition, Kinderrechte in der Verfassung sichtbar zu machen, spricht sich der Familienbund der Katholiken gegen eine Verfassungsänderung aus. „Der wortreiche Passus, auf dem sich die große Koalition nun geeinigt hat, scheint zwar mit Blick auf die Einschränkung von Elternrechten weitgehend entschärft, bleibt aber für die Stellung von Kindern in unserem Rechtssystem folgenlos und bietet Anlass für Missverständnisse.“ Zu dieser Einschätzung kommt Familienbund-Präsident Ulrich Hoffnung heute in Berlin. „Das geltende Verfassungsrecht schützt Kinder immer noch am besten. Es wird auch weiter die konkrete Einzelgesetzgebung sein, wie die Kinder- und Jugendhilfe, die die Lebenslage von Kindern konkret verändern können, nicht die abstrakte Verfassungsgesetzgebung.“ Erleichtert zeigt sich der Verband, dass die primäre
Erziehungszuständigkeit der Eltern unangetastet bleiben soll. Die jetzt vorgeschlagene Formulierung enthält den ausdrücklichen Satz: „Die Erstverantwortung der Eltern bleibt unberührt.“ „Das ist ein Fortschritt“, so Hoffmann, „der mögliche rechtliche Nebenwirkungen einer Verfassungsänderung, wie Eingriffe in die Eltern-Kind-Beziehung, verhindern soll. Jede Textänderung birgt jedoch auch die Gefahr einer unbeabsichtigten Inhaltsänderung. Daher spricht sich der Familienbund dafür aus, angesichts einer allgemein als gut erachteten verfassungsrechtlichen Regelung, von einer Verfassungsänderung abzusehen.“
„Es bleibt widersinnig, eine Verfassungsänderung mit der Zielsetzung durchzuführen, dass sich möglichst wenig ändern soll, weil die derzeitige Rechtslage gut ist. Das Sichtbarmachen bereits bestehender Kindergrundrechte kann keine Rechtfertigung sein.“
„Der von den Koalitionären jetzt vorgelegte Formulierungsvorschlag verweist darauf, dass die ‚verfassungsmäßigen‘ Rechte der Kinder zu achten und zu schützen sind und der ‚verfassungsrechtliche‘ Anspruch von Kindern auf rechtliches Gehör zu wahren ist“, sagte Hoffmann weiter. „Der Koalitionsentwurf bringt damit zum Ausdruck, dass kein neues Kindergrundrecht geschafften werden soll, sondern vielmehr die bestehenden verfassungsmäßigen Rechte noch einmal bekräftigt werden sollen.“
Hoffmann begrüßte auch, dass die Kinderrechte „angemessen“ und nicht generell allen anderen Rechten „vorrangig“ zu berücksichtigen sind. Das ermöglicht eine sachgerechte Abwägung im Einzelfall, die immer auch die eminent wichtige Stellung von Kindern in unserer Gesellschaft mitberücksichtigt.“
Die neue Formulierung begrenze zwar die Probleme, sie sei aber weiterhin überflüssig, so Hoffmann. „Es bleibt widersinnig, eine Verfassungsänderung mit der Zielsetzung durchzuführen, dass sich möglichst wenig ändern soll, weil die derzeitige Rechtslage gut ist. Das Sichtbarmachen bereits bestehender Kindergrundrechte kann keine Rechtfertigung sein. Zum einen sind die Kindergrundrechte bereits sichtbar. Wenn das Grundgesetz, die Rechte aller beschreibt, ergibt sich zweifellos, dass auch Kinder gemeint sind. Zum anderen birgt jede Textänderung der Verfassung die Gefahr einer unbeabsichtigten Inhaltsänderung. Eine solche Gefahr sollte man bei einer von allen Seiten als gut beschriebenen Rechtslage nicht eingehen.“