Mehrere Sozialverbände sowie der Deutsche Gewerkschaftsbund haben den Entwurf für ein Angehörigen-Entlastungsgesetz grundsätzlich begrüßt. Bei einer Bundestagsanhörung erklärte der Sozialverband VdK am Montag, die geplante Regelung, unterhaltsverpflichtete Kinder gegenüber pflegebedürftigen Eltern zu entlasten, sorge für gesellschaftliche Gerechtigkeit. Kommunalvertreter kritisierten dagegen, das Gesetz führe zu einer Entsolidarisierung der Familie. Zudem würden die entstehenden Kosten einseitig auf Städte und Gemeinden verlagert. Mit der Einführung des Gesetzes soll künftig erst ab einem Jahresbruttoeinkommen von 100.000 Euro eine Unterhaltspflicht bestehen. In der Regel soll auch der Aufwand entfallen, Angaben über vorhandenes Vermögen und Einkommen zu machen. Der Bundestag entscheidet am Donnerstag darüber.
Das Kürzen und Streichen von Hartz-IV-Bezügen ist in Teilen verfassungswidrig: Zu diesem Urteil kam das Bundesverfassungsgericht am Dienstag in Karlsruhe. Bezieher des Arbeitslosengeldes II, die Auflagen der Jobcenter nicht erfüllen, dürfen künftig nicht mehr so schnell und weitreichend sanktioniert werden. Sozialverbände hatten die Kürzungen seit langem kritisiert. In einer gemeinsamen Erklärung forderten nun die Arbeiterwohlfahrt (AWO), der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die Diakonie Deutschland und der Paritätische Wohlfahrtsverband, die bestehenden Sanktionsregelungen im Hartz-IV-System ganz aufzuheben. Durch solche Sanktionen würde das Lebensnotwendige gekürzt und soziale Teilhabe unmöglich gemacht, erklärten die Unterzeichner, zu denen auch 50 Einzelpersonen aus Verbänden, Organisationen und Parteien gehören. Sie kritisierten besonders die strengeren Sanktionen gegen unter 25-Jährige. Diese seien kontraproduktiv und trieben junge Menschen ins Abseits, so der AWO-Vorstandsvorsitzende Wolfgang Stadler. Das Deutsche Kinderhilfswerk sprach sich für eine vollständige Abschaffung der Sanktionen für Familien mit Kindern aus. Von den Kürzungen der Bezüge ihrer Eltern seien Monat für Monat zehntausend Kinder und Jugendliche betroffen, so die Organisation. Das verstößt nach Einschätzung des Kinderhilfswerks gegen das in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschriebene Recht auf soziale Sicherheit und angemessene Lebensbedingungen. Dass Sanktionierungen nach dem Urteil des Verfassungsgerichts grundsätzlich möglich bleiben, befürwortete die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. "Notwendige und praktikable Sanktionsmöglichkeiten waren und bleiben nach diesem Urteil zu Recht mit dem Grundgesetz vereinbar", hieß es in einer Mitteilung der Vereinigung aus Berlin. Der Sozialverband Caritas erklärte, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hätte den Sanktionen "einen Riegel vorgeschoben". "Bestrafung ist der falsche Weg. Wir müssen Menschen befähigen, wieder am Arbeits- und Gesellschaftsleben teilzunehmen", sagte der Kölner Diözesan-Caritasdirektor, Frank Johannes Hensel. Gerade im Umgang mit arbeitslosen jungen Menschen sehe die Caritas jedoch weiter Handlungsbedarf. Ähnlich äußerte sich die Vorsitzende des Bundes der katholischen Jugend (BDKJ), Lisi Maier. "Die verschärften Sanktionen für junge Erwachsene gehören umgehend abgeschafft", mahnte sie. Der VdK nimmt nach der Urteilsverkündung nun den Gesetzgeber in der Pflicht. Er müsse die gültige Rechtslage schnell verändern und sie grundgesetzkonform gestalten. Vdk-Präsidentin Verena Bentele bezeichnete das Urteil als "wichtiges Signal an die Politik, dass es kein 'Weiter so' bei den Sanktionen geben kann". Das Verfassungsgericht forderte den Gesetzgeber zu entsprechenden Änderungen auf, setzte ihm jedoch keine zeitliche Frist. (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)