Angesichts von coronabedingten Schließungen von Kitas und Schulen fordern die meisten Eltern laut einer Studie mehr Unterstützung. Bei einem zweiten Lockdown seien Väter bei der Kinderbetreuung zu entlasten und die Notbetreuung zu erweitern. Viele Mütter und Väter verlangen überdies eine zuverlässige Perspektive, wann der Nachwuchs wieder Kita oder Schule besuchen kann. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Dienstag in Bonn vorgestellte Onlineumfrage der Koordinierungsstelle "Frühe Hilfen Bonn", an der sich rund 4.300 Teilnehmer beteiligten. Zwar sei die Untersuchung nicht repräsentativ, werfe aber doch ein Schlaglicht auf die Situation von Eltern in der Corona-Krise. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) warnte unterdessen vor einem neuen kompletten Lockdown von Schulen und Kitas. In der Umfrage konnten die teilnehmenden Eltern auf einer Skala von 1 bis 100 ihre Belastung markieren. Der Durchschnittswert lag für die Zeit vor Corona bei 38 und für die Krisenphase bei nahezu 63. "Dies entspricht einer durchschnittlichen Steigerung der Belastung von 65 Prozent", so die Studienautoren.
Rund zwei Drittel der Eltern sind laut der im Mai durchgeführten Befragung über die eingeschränkten Kontaktmöglichkeiten ihres Kindes besorgt. Fast ebenso viele treibt die Frage um, wann der Nachwuchs wieder Kita oder Schule besuchen kann. Hiermit hänge auch die Not vieler Eltern zusammen, Kinderbetreuung und Berufstätigkeit, vor allem Homeoffice, in der Krisenzeit vereinbaren zu müssen. Trotz der großen Belastung konnten viele Eltern der Krise aber auch positive Aspekte abgewinnen. Mehr als die Hälfte der Teilnehmer erklärte, dass sie mehr Zeit für Familie und Kinder gehabt hätten. Etwa ein Viertel der Befragten gab an, die mit der Einschränkung des öffentlichen Lebens verbundene Entschleunigung als sehr positiv für die gesamte Familie empfunden zu haben. Giffey betonte, eine weitere komplette Schließung von Kitas und Schulen solle es möglichst nicht geben. Es müsse weiter genau geschaut werden, wie sich die Infektionszahlen entwickeln und je nach Entwicklung mehr vor Ort getestet werden. Sie betonte, es habe sich gezeigt, dass eine komplette Schließung zu große negative Auswirkungen auch auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf habe. Da müssten andere Wege gefunden werden.
Mehr Hilfen fordert auch der Berliner Erzbischof Heiner Koch. Die derzeitigen Maßnahmen seien nur temporär, sie helfen akut, aber nicht langfristig, sagte der katholische Familienbischof der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Das löse nicht die Probleme der Familien, die nicht auf Rücklagen zurückgreifen könnten. Er betonte, die Corona-Pandemie bringe auch neue Herausforderungen für die Kirche. Wegen der Beschränkungen der Sozialkontakte seien auch viele familienspezifische Angebote "weggebrochen", wie Kindergottesdienste und "das Miteinander in unseren katholischen Kitas und Schulen". Vieles habe online durchgeführt werden können, "aber das ersetzt auf Dauer natürlich nicht die Begegnungen von Angesicht zu Angesicht, das Gefühl, die Kirchengemeinde als Heimat zu erfahren". (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)