Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Franziska Giffey (SPD) am Donnerstag aus ihrem Amt als Familienministerin entlassen. Sie hinterlasse ein "gut bestelltes Haus", würdigte er ihre Leistungen. Ihre Projekte aus dem Koalitionsvertrag seien abgearbeitet. Sie habe sich dafür "nicht nur in der Bundesregierung, sondern im ganzen Land und bis weit in andere Parteien hinein" großen Respekt erworben.
Giffey hatte am Mittwoch ihren Rücktritt als Familienministerin bekannt gegeben. Sie begründete dies mit den Plagiatsvorwürfen zu ihrer Doktorarbeit. Zugleich will die 43-Jährige Spitzenkandidatin der Berlin SPD für die Abgeordnetenhauswahl bleiben, die zeitgleich mit der Bundestagswahl am 26. September stattfindet.
Zugleich erhielt Bundesjustizministerium Christine Lambrecht (SPD) ihre Ernennungsurkunde, die zusätzlich das Familienministerium übernehmen soll. Ihr wünschte Steinmeier in beiden Ämtern "viel Erfolg, eine glückliche Hand und gutes Gelingen".
Verbände und Einzelpersonen übten Kritik daran, dass das Familienministerium für den Rest dieser Legislaturperiode nur kommissarisch verwaltet werden soll. Die Bundesvorsitzende der Katholischen Elternschaft Deutschlands, Marie-Theres-Kastner, bezeichnete dies als "Ausdruck der Missachtung, der Geringschätzung von Familien".
Familien mit Kindern litten bis heute unter den Einschränkungen durch die Corona-Pandemie. Während allerorten schon über die Wiedereröffnung von Handel und Gastronomie gejubelt werde, trügen Kinder und Jugendliche und ihre Eltern nach wie vor eine riesige Bürde. Es wäre jetzt Zeit, ein Maßnahmenpaket für Familien zu schnüren, so Kastner.
Auf Anfrage des Portals katholisch.de äußerte der Präsident des Familienbundes der Katholiken, Ulrich Hoffman, ebenfalls Kritik an der Entscheidung der SPD: "Die nur kommissarische Besetzung des Bundesfamilienministeriums nach dem Rücktritt von Franziska Giffey bedeutet fraglos eine Schwächung der Familienpolitik für die kommenden Monate." Allerdings passe die Entscheidung nach dem leider nur späten und geringen Augenmerk, das Familien, Kinder, Jugendliche und Eltern im politischen Management der Corona-Krise gehabt hätten, ins Bild.
Der evangelische Theologe Peter Dabrock erklärte via Twitter, ihm sei ein solches Signal unbegreiflich. Er schlug die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesarbeitsministerin, Kerstin Griese, als Nachfolgerin für Giffey vor. Sie sei lange Zeit Vorsitzende des Familienausschusses im Bundestag gewesen.
Die Lebenszufriedenheit von Kindern und Jugendlichen ist nach einer Studie der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK) in der Corona-Krise um gut 20 Prozent gesunken. Bei einer am Freitag in Berlin veröffentlichten Umfrage des Instituts für Therapie- und Gesundheitsforschung in Kiel im Auftrag der DAK bewerteten die Befragten ihre aktuelle Lebenszufriedenheit auf einer Skala von null bis zehn im Mittel mit 5,8 Punkten; vor der Pandemie lag sie bei 7,3 Punkten. Befragt wurden demnach 14.000 Schüler der Klassen fünf bis zehn in 13 Bundesländern im laufenden Schuljahr.
Laut Studie fanden 56 Prozent der Kinder und Jugendlichen die Corona-Regeln an ihrer Schule angemessen. Ein Drittel fühlte sich nicht gut vor einer Infektion geschützt, ein Viertel empfand die Maßnahmen als starke oder sehr starke Belastung. Jedes siebte Schulkind fühlte sich oft niedergeschlagen und häufig unglücklich; das sind der Studie zufolge ein Drittel mehr als vor Corona. Vor allem Mädchen seien zunehmend von emotionalen Problemen betroffen. 23 Prozent äußerten Traurigkeit, geringes Selbstwertgefühl, Interessensverlust und sozialen Rückzug, gegenüber 18 Prozent im Vorjahr.
Beim Thema Homeschooling kamen laut Umfrage 55 Prozent der Schulkinder mit dem Distanzlernen sehr gut oder gut zurecht; etwa ein Viertel bewertete den eigenen Lernerfolg als mittelmäßig und rund ein Fünftel kam damit schlecht oder sehr schlecht zu recht. Fast jedes zweite Schulkind empfand sich oft oder sehr oft als gestresst, wobei dies besonders ältere betraf. (KNA)