Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) plant eine Reform der Grundsicherung und der Grundrente. "Ich habe einen Dialog mit Bürgern und Praktikern zur Zukunft des Sozialstaats initiiert: Bis Herbst will ich konkrete Vorschläge dazu vorlegen, wie wir den Alltag von Menschen verbessern können", sagte Heil im Gespräch mit "Zeit online" (Freitag). Den Worten des Bundesarbeitsministers zufolge besteht aber nicht nur ein Bedarf an neuen Regelungen im Bereich der Grundsicherung: "Viele Menschen in der Grundsicherung für Arbeitssuchende sind keine Langzeitarbeitslosen, sondern Erwerbstätige, deren Löhne nicht reichen und die mit Grundsicherungsleistungen aufstocken müssen", so Heil. Es müsse daher auch eine Stärkung der Tarifbindung und eine Weiterentwicklung des Mindestlohns ins Auge gefasst werden. Bei der Grundrente ist es Heils Ziel, ein "Kernversprechen" der Alterssicherung wiederherzustellen und den Bürgern nach einem Arbeitsleben eine "ordentliche Rente" zu ermöglichen. "Das ist eine Frage des Respekts vor dem, was Menschen in ihrem Leben geleistet haben", sagte der Minister. Die Digitalisierung bringt den Angaben des Bundesarbeitsministers eine deutliche Veränderung der Arbeitswelt mit sich. Bis 2025 sei damit zu rechnen, dass 1,3 Millionen Arbeitsplätze durch Automatisierung verloren gingen, aber gleichzeitig 2,1 Millionen neue Jobs entstünden. Es müsse dafür Sorge getragen werden, dass die "Arbeitnehmer von heute auch die Arbeit von morgen machen können". Dafür sei eine nationale Weiterbildungsstrategie mit der Wirtschaft und den Gewerkschaften geplant, hieß es. Darüber hinaus strebt Heil eine Weiterentwicklung der Bundesagentur für Arbeit zu einer Bundesagentur für Arbeit und Qualifizierung an. Die Thematik beschäftige die Arbeitnehmer im Land immer mehr. Langfristig gesehen, brauche es auch Rechtsansprüche auf Weiterbildung, sagte der SPD-Politiker.
Die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angestoßene Grundsatzdebatte zur Finanzierung der Pflege geht weiter. Der Präsident des Deutschen Pflegerats, Franz Wagner, spricht sich dabei für eine Zusammenlegung von Pflege- und Krankenversicherung aus. Denn die meisten pflegebedürftigen Menschen seien auch krank, oft sogar chronisch, sagte er der "Saarbrücker Zeitung" (Freitag): "Und wer chronisch krank wird, ist deshalb häufig auch pflegebedürftig". Der Pflegerats-Präsident verwies darauf, dass die geplanten 13.000 neuen Pflegestellen schon über die Krankenversicherung finanziert würden. Das habe damit zu tun, dass die Heimbewohner nicht mit einem höheren Eigenanteil belastet werden sollten. "Aber an dem Beispiel wird auch deutlich, dass es in den Pflegeheimen eine immer stärker medizinisch veranlasste Versorgung gibt", sagte Wagner. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt fordert unterdessen niedrigere Eigenanteile für Pflegeheimbewohner. "Wir wollen verhindern, dass die Pflegebedürftigen mit den wachsenden Kosten alleine gelassen werden und in die Armut rutschen", sagte sie dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (Freitag). Gute Pflege dürfe nicht vom Geldbeutel abhängen. "Daher setzen wir uns für eine Senkung und Begrenzung der Eigenanteile von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen ein; auch ein Steuerzuschuss für die Pflegeversicherung sollte geprüft werden." Göring-Eckardt sagte weiter, eine akute Pflegekrise sei deutschlandweit zu spüren: "Pflegerinnen und Pfleger brauchen endlich die Wertschätzung, die sie verdienen - und das drückt sich vor allem in verbesserten Arbeitsbedingungen und höherer Bezahlung aus." Spahn hatte am Donnerstag in der "Bild"-Zeitung angekündigt, er wolle die Finanzierung der Pflege langfristig "ganz neu austarieren". Angesichts steigender Kosten brauche es schon jetzt eine Grundsatzdebatte über die Zeit nach 2022. Bis dahin reichten die Beitragssteigerungen von Anfang 2019 aus. "Wir müssen noch mal ganz neu austarieren, was die Familien selbst leisten können und wo sie Unterstützung brauchen", sagte der Minister. In diesem Zusammenhang brachte er auch eine mögliche Steuerfinanzierung der bislang beitragsfinanzierten Pflegeversicherung ins Gespräch. Die SPD fordert einen Systemwechsel für bezahlbare Pflege. Steigende Kosten seien auf Dauer nur zu finanzieren, "wenn auch Beamte und Privatversicherte in Zukunft Beiträge in die gesetzliche Pflegeversicherung einzahlen", sagte Fraktionsvize Karl Lauterbach den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Diese Gruppen profitierten vom Pflegesystem, zahlten aber oft deutlich niedrigere Beiträge: "Wir brauchen eine Bürgerversicherung in der Pflege." Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, kritisierte, dass bisher allein die Beitragszahler die Ausgaben tragen müssten. Daher sei es gut, die Pflegeversicherung zusätzlich durch Steuermittel zu finanzieren und solidarischer zu gestalten. (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)