Der Fachkräftemangel in der Altenpflege hat nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit weiter zugenommen. Zum "Tag der Pflege" am Sonntag veröffentlichte die Behörde in Nürnberg eine Analyse, nach der in keinem Bundesland rechnerisch ausreichend arbeitssuchende Bewerber zur Verfügung stehen. Dies gelte allerdings nur für Altenpflegefachkräfte, nicht für Altenpflegehelfer, heißt es in der Statistik, die der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegt. Insgesamt waren danach 2018 in der Altenpflege rund 583.000 Personen beschäftigt, 21.400 mehr als im Vorjahr. Davon waren rund 303.000 Fachkräfte. Inzwischen dauere es 183 Tage, bis Heimbetreiber eine frei gewordene Stelle neu besetzt hätten, zwölf Tage länger als noch 2017. Ebenfalls schwierig, wenn auch nicht ganz so dramatisch, sei die Situation in Krankenpflege, Rettungsdienst und Geburtshilfe, heißt es. Dort waren 2018 mehr als 1,06 Millionen Menschen beschäftigt, 23.700 mehr als im Vorjahr. 768.000 von ihnen waren Fachkräfte. Im Jahresschnitt seien bei der Bundesagentur rund 6.000 arbeitslose examinierte und besonders spezialisierte Krankenpfleger registriert gewesen; gesucht wurden von Kliniken aber 14.900. Ein Teil des Problems könnte nach Einschätzung der Bundesagentur dadurch gelöst werden, dass Teilzeitbeschäftigte in der Pflege dazu ermuntert werden, ihre Arbeitszeit zu verlängern. In der Altenpflege arbeiteten nach BA-Angaben 56 Prozent in Teilzeit, in der Krankenpflege 44 Prozent. Angesichts der dramatischen Lage setzt die Bundesagentur inzwischen wieder verstärkt auf die Anwerbung ausländischer Pflegekräfte. So wirbt die Behörde in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) seit 2013 Pfleger aus Bosnien-Herzegowina, Serbien, den Philippinen und Tunesien an. Bislang seien bereits 2.000 Pflegekräfte an deutsche Pflegeheime vermittelt worden. Bis Jahresende sollen es 3.000 sein, so die Bundesagentur. Die Grünen forderten mit Blick auf die Zahlen ein Sofortprogramm für 50.000 zusätzliche Stellen. "Um die Stellen besetzen zu können, müssen die Arbeitsbedingungen in der Pflege entschieden verbessert werden, vorhandene Fachkräfte durch ein Wiedereinstiegsprogramm mobilisiert und eine Weiterbildungsoffensive für Pflegehilfskräfte gestartet werden", sagte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (Samstag). Die Deutsche Stiftung Patientenschutz erklärte, Deutschland rase tiefer in den Pflegenotstand. "Es braucht jetzt dringend einen Dreiklang aus guten Löhnen, attraktiven Arbeitsbedingungen und mehr Ausbildungsplätzen", sagte Vorstand Eugen Brysch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). "Hier müssen die öffentlichen Arbeitgeber in der Kranken- und Altenpflege eine Vorreiterrolle einnehmen." Brysch mahnte zugleich Reformen bei den Pflegekosten im Heim an. Immer mehr pflegebedürftige alte Menschen rutschten in die Armut. "Ähnlich wie die gesetzliche Krankenversicherung die Kosten für Behandlung von Krankheiten trägt, muss die Pflegeversicherung künftig die gesamten Pflegekosten übernehmen", forderte er.
Der frühere Richter am Bundesverfassungsgericht, Paul Kirchhof, hält wenig davon, das Wahlalter von 18 auf 16 Jahre abzusenken. "Ich würde da sehr zögern", sagte er am Freitag dem SWR in Baden-Baden. Der Verfassungsgeber habe sich gut überlegt, dass nur derjenige wahlberechtigt sei, der politische Mündigkeit erlangt habe. Dies sei ein "starker Vertrauensbeweis", der "wohl nicht weiter belastet" werden dürfe. Kirchhof forderte stattdessen ein Wahlrecht für jeden deutschen Staatsbürger von Geburt an. Ein Kind sei ein Mensch, die Grundrechte seien Menschenrechte, argumentierte er. Kinder seien von den heutigen politischen Entscheidungen noch am längsten betroffen. Deswegen müsse man jedem Kind ein Wahlrecht zusprechen, das so lange von den Eltern ausgeübt werde, bis das Kind volljährig ist und selbst wählen könne. In der Praxis hätte dann jeder Elternteil eine halbe Stimme mehr, um Konflikte zu vermeiden. Das Vorhaben der Bundesregierung, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern, sieht Kirchhof skeptisch. Kinder hätten sowieso Grundrechte, da müsse man sich keine neuen ausdenken. Er plädierte stattdessen dafür, die Wahrnehmung der Kinderrechte zu stärken. Das geschehe dadurch, dass man sicherstelle, dass Menschen, die ein Kind bekommen, dadurch wirtschaftlich stärker, nicht schwächer würden. Es bräuchte folglich "ein bemerkenswertes Kindergeld" oder die Garantie, den Beruf ohne Einbußen unterbrechen zu können. Das wären "die großen Maßnahmen", die den Kindern zu Gute kämen. (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)