Als viertes Bundesland will Niedersachsen das vom Bundestag beschlossene "Gute-Kita-Gesetz" umsetzen. Eine entsprechende Vereinbarung unterzeichneten am Dienstag in Berlin Ministerpräsident Stephan Weil und Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (beide SPD). Zur Qualitätsverbesserung in den Kitas und der Entlastung von Eltern bei den Gebühren erhält das Land vom Bund demnach rund 526 Millionen Euro bis 2022. Auch Brandenburg, Bremen und das Saarland haben solche Verträge abgeschlossen. In dem zu Jahresbeginn in Kraft getretenen "Gute-Kita-Gesetz" hat sich der Bund verpflichtet, bis 2022 insgesamt 5,5 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Das Geld kann aber erst ausgezahlt werden, wenn er mit allen Ländern Verträge darüber abgeschlossen hat, wofür die Mittel genutzt werden sollen. Jedes Bundesland kann aus zehn Bereichen die aus seiner Sicht wichtigsten auswählen. Möglich sind etwa mehr Erzieher, die Förderung sprachlicher Bildung oder die Senkung der Kitagebühren für Eltern. Weil zeigte sich erfreut darüber, dass Niedersachsen zu den ersten Bundesländern mit einem Vertrag zum "Gute-KiTa-Gesetz" gehöre. Das Land werde dies dafür nutzen, "die Beitragsfreiheit auch auf Kinder in der Kindertagespflege auszuweiten und Kitaleitungen durch zusätzliche Fachkräfte zu entlasten". Der Familienbund der Katholiken hatte kürzlich eine zügigere Umsetzung des "Gute-Kita-Gesetzes" gefordert. Dessen Präsident Ulrich Hoffmann erklärte, die Finanzmittel aus dem Gesetz ließen auf sich warten. Das aus seiner Sicht von vornherein verfassungsrechtlich zweifelhafte Verfahren, mit jedem Bundesland einzelne Verträge abzuschließen, erweise sich in der Praxis als sehr langwierig. Damit bestätigten sich Befürchtungen, auf die der Familienbund bereits in Anhörungen zum Gesetzentwurf hingewiesen hatte.
Für den Armutsforscher Christoph Butterwegge darf es keine "gesellschaftlich akzeptierten Normalität werden, dass Menschen sich Lebensmittel aus Mülltonnen holen müssen". Dabei sei es egal, ob dieses "Containern" rechtlich erlaubt sei oder nicht, sagte Butterwegge der "Heilbronner Stimme" (Samstag). Ein Vorstoß Hamburgs zur Legalisierung scheiterte jetzt in der Justizministerkonferenz. Deshalb kann der Griff in die Mülltonne strafrechtlich als Diebstahl oder Hausfriedensbruch bewertet werden. Für sinnvoll hält der Wissenschaftler den französischen Weg, nach dem Supermärkte gesetzlich verpflichtet sind, zum Verzehr geeignete Lebensmittel karitativen Zwecken zur Verfügung zu stellen. Butterwegge sieht zudem eine soziale Spaltung in Deutschland durch die Mietpreisentwicklung. Inzwischen gebe es nicht nur in Städten, sondern auch in ländlichen Regionen Probleme mit der Finanzierung einer Unterkunft. Der Forscher wörtlich: "Die Lage am Wohnungsmarkt erzeugt Wut, aber von Wut gibt es in dieser Gesellschaft schon viel zu viel. Denn Wut spaltet die Gesellschaft." Für dringend notwendig hält er eine Ausweitung des sozialen Wohnungsbaus und die Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit. Statt einer Abschaffung des Solidaritätszuschlages, von dem vor allem die Wohlhabendsten profitierten, solle das Geld "umgewidmet" und für den Bau erschwinglicher Mietwohnungen genutzt werden. (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)