Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hat eine Rückwendung zu Nationalismus und Populismus beklagt. "Dass eine solche Entwicklung weltweit stattfindet, habe ich nicht erwartet", sagte Marx am Mittwochabend in Berlin. Die Entwicklung sei auch Folge einer ungeregelten Ökonomisierung, die bewirke, dass die Unterschiede zwischen Arm und Reich weltweit zunähmen. "Wir können nicht hinnehmen, dass die Welt zerfällt", so der Kardinal. Es gelte, bereits bei der Sprache anzusetzen. "Wir dürfen die Sitten nicht verwildern lassen", verlangte Marx. "Wir dürfen eine Sprache nicht zulassen, die abwertend und rassistisch ist." Der Bischofskonferenz-Vorsitzende wörtlich: "Das werden wir nicht hinnehmen." Marx äußerte sich beim traditionellen Sankt-Michaels-Empfang der katholischen Kirche. Dazu waren neben Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) und Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) auch die Bundestagsvizepräsidenten Thomas Oppermann und Hans-Peter Friedrich sowie weitere hochrangige Politiker gekommen. Auch Vertreter anderer Religionen und der Apostolische Nuntius in Berlin, Erzbischof Nikola Eterovic, nahmen teil.
Die Gewerkschaften in Deutschland beobachten eine "massive Umverteilung von unten nach oben". Deutschland stehe im internationalen Vergleich beim Thema soziale Ungleichheit sehr schlecht da, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstag). Die Politik müsse schnell handeln, um eine weitere Spaltung der Gesellschaft zu verhindern. Laut dem aktuellen DGB-Verteilungsbericht haben die Arbeitnehmer in Deutschland in den vergangenen Jahren zwar kontinuierlich mehr verdient. Der Abstand zwischen Arm und Reich sei aber trotzdem größer geworden. 16,6 Prozent der Bevölkerung gälten als armutsgefährdet; anders gesagt: jeder sechste Bürger habe zu wenig zum Leben. Vor 20 Jahren galten laut dem Bericht noch 10,3 Prozent der Menschen in Deutschland als armutsgefährdet. Zwar funktioniere die staatliche Umverteilung durch Steuern und Abgaben in Deutschland insgesamt gut, so die DGB-Studie. Seit 2000 habe aber der Umverteilungseffekt von Steuern und Abgaben abgenommen. DGB-Vorstand Körzell fordert daher eine Wiedereinführung der Vermögensteuer und eine Reform der Erbschaftsteuer. Sehr hohe Erbschaften blieben in Deutschland fast steuerfrei; Superreiche müssten keine Steuern auf ihr Vermögen entrichten, so Körzell. Das habe mit Steuergerechtigkeit nichts zu tun. (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)