Die Bundesregierung kann offenbar nur unvollständige Angaben darüber machen, was das seit fast acht Jahren angebotene Bildungs- und Teilhabepaket für Kinder aus Hartz-IV-Familien jährlich kostet. Dies zeige eine Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion, berichten die Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch). Nicht bekannt seien vor allem die Verwaltungskosten, die auf allen staatlichen Ebenen durch das Paket entstehen: "Hierzu liegen der Bundesregierung keine Daten vor", zitieren die Zeitungen Beamte aus dem Ministerium von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil. Der SPD-Politiker will das Paket, das Zuschüsse zum Schulmittagessen oder für Klassenfahrten ermöglicht, in den nächsten Monaten reformieren. Dabei sollen die Leistungen für Kinder aus Hartz-IV-Familien ausgeweitet werden. "Die Bundesregierung hat keinen Überblick zu Kosten und Nutzen ihres Bildungs- und Teilhabepakets", kritisierte Grünen-Sozialexperte Sven Lehmann die Auskünfte des Ministeriums. Seinen Schätzungen zufolge "verpufft jeder dritte Euro in der Verwaltung". Lehmann fordert deshalb eine Abschaffung des Bildungspakets: "Das Geld sollte besser in höhere Kinderregelsätze und kostenfreie Angebote für alle Kinder in den Städten und Gemeinden investiert werden." Leistungen zur Bildung und Teilhabe müssten direkt bei den Kindern ankommen, so Lehmann weiter. Bei Inkrafttreten des Bildungs- und Teilhabepakets im Jahr 2011 hatte die Bundesregierung Verwaltungskosten in Höhe von 110 Millionen Euro pro Jahr vorausgesagt und zusätzlich mit "Einsparungen durch zahlreiche Verwaltungsvereinfachungen" in Höhe von 50 Millionen Euro kalkuliert. Eine zwischenzeitliche Überprüfung der Ausgaben ergab im Jahr 2015 jedoch Verwaltungskosten von mehr als 180 Millionen Euro jährlich. Gemessen an den von den Bundesländern gemeldeten Gesamtausausgaben von 570 Millionen Euro für das Paket wäre das ein Drittel der Ausgaben.
Nach Informationen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (Mittwoch) wollen Union und SPD die Unterstützung von Pflegebedürftigen und deren Familien verbessern. Geplant sei unter anderem, dass Pflegebedürftige für Taxifahrten zum Arzt künftig keine Genehmigung der Krankenkasse mehr benötigen. Eine Entlastung sei auch für pflegende Angehörige vorgesehen, so die Zeitungen: Müssten diese selbst in eine Reha-Klinik, so könnten sie künftig ihr pflegebedürftiges Familienmitglied mitnehmen und in der gleichen Einrichtung betreuen lassen. Dies sähen Änderungsanträge zum Pflegepersonalstärkungsgesetz vor, das gegenwärtig im Bundestag beraten wird. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte dazu den Zeitungen: "Bei allem notwendigen Engagement für Pflegekräfte: Ohne die gegenseitige Hilfe in den Familien würde unser Pflegesystem zusammenbrechen." Viele Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen, die in Pflegeheimen versorgt werden oder zu Hause wohnen, sind regelmäßig auf Taxifahrten angewiesen, um Arzttermine wahrnehmen zu können. Bisher werden die Fahrtkosten dafür nur auf Antrag und nach vorheriger Genehmigung durch die Krankenkasse übernommen. Um den Aufwand zu verringern, gelte die Genehmigung in einer Vielzahl von Fällen künftig automatisch als erteilt. Bedingung sei zum Beispiel, dass der Pflegebedürftige im Pflegegrad 4 oder 5 eingestuft ist. Die Regelung gelte auch bei Pflegegrad 3, wenn zusätzlich eine dauerhaft eingeschränkte Mobilität festgestellt werde. Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, begrüßte den Vorstoß grundsätzlich. Er gehe jedoch nicht weit genug: "Auch bei niedrigerem Pflegegrad können die Voraussetzungen für Krankenfahrten vorliegen." Auch kognitive und psychische Erkrankungen könnten die Mobilität einschränken. "Daher gilt es, verordnete Krankenfahrten für alle Pflegebedürftigen ab Pflegegrad 2 ohne vorherige Genehmigung der Krankenkasse zu ermöglichen." Dies müsse auch für Fahrten zum Hausarzt gelten. Darüber hinaus brauche es Ausnahmeregelungen für Patienten mit schweren chronischen oder seltenen Erkrankungen. Das Pflegepersonalstärkungsgesetz soll in der übernächsten Woche vom Bundestag beschlossen werden und zum 1. Januar 2019 in Kraft treten. Zentraler Bestandteil ist die Finanzierung von 13.000 zusätzlichen Stellen in den Pflegeheimen.
Laut einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" (Mittwoch) hält sich die Bundesregierung nicht an ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Familiennachzug. Mitte April hatte das Gericht entschieden, dass unbegleitete Minderjährige ihre Familie auch dann nachholen dürfen, wenn sie während des Asylverfahrens volljährig geworden sind. Entscheidend sei, wann der Asylantrag gestellt wurde, und nicht, wie lange die Behörden brauchen, ihn zu bearbeiten. Nach deutschem Recht dagegen muss ein Flüchtling noch minderjährig sein, wenn die Eltern einreisen. Daher setze das für das Erteilen von Visa zuständige Auswärtige Amt das Urteil nicht um, berichtet die Zeitung. So habe es eine Vertreterin des Amts kürzlich bei einer Tagung des Roten Kreuzes und des UN-Flüchtlingshilfswerks erläutert. Auch Schreiben an Anwälte belegten diese Praxis. Darin heiße es etwa, dass das Urteil für Deutschland keine Bindungswirkung habe, unter anderem, weil das Urteil über einen Fall aus den Niederlanden entschieden habe, wo die Rechtslage deutlich anders sei. Die Bundesregierung erklärte, derzeit laufe eine Ressortabstimmung, für die das Innenministerium zuständig sei. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes betonte, Fälle, bei denen der 18. Geburtstag des Antragstellers unmittelbar bevorstehe, würden "prioritär" behandelt. Ein Sprecher des Familienministeriums sagte, das Ministerium sei sich der Bedeutung des Familiennachzugs für die oft traumatisierten minderjährigen Flüchtlinge bewusst. Bei den derzeit stattfindenden Gesprächen setze es sich dafür ein, dass dem Kindeswohl Rechnung getragen werde. Eine Sprecherin der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl sagte der Zeitung, man gehe davon aus, dass einer "nicht unerheblichen Zahl" von Flüchtlingen zu Unrecht der Nachzug verweigert worden sei. Pro Asyl appellierte an die Bundesregierung, das EuGH-Urteil anzuwenden, schließlich hätten die Richter nach europäischen Grundsätzen entschieden, nicht nach nationalen Eigenheiten: "Ein solches Urteil zu ignorieren, widerspricht europäischen Prinzipien und zerstört ganze Familien." Daniel Weber, Anwalt für den Verein "Jumen", der sich für Familiennachzug engagiert, erinnerte daran, dass das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg bereits in zwei Entscheidungen indirekt erklärt habe, dass sich das EuGH-Urteil auf die deutsche Rechtsprechung auswirke - zugunsten der jungen Geflüchteten. Weber forderte die Bundesregierung auf, das Urteil anzuwenden und die betroffenen Familien nicht in einen langen Rechtsstreit zu zwingen. (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)