Nach dem Vorstoß in Sachen "Pflege-Hebammen" fordert der Bundesbeauftragte Andreas Westerfellhaus mehr finanzielle Leistungen für pflegende Angehörige. "Ich finde etwa die Idee einer echten Lohnersatzleistung analog dem Elterngeld sehr spannend", sagte Westerfellhaus der Funke Mediengruppe (Montag). Das zinslose Darlehen bei Pflegezeit oder Familienpflegezeit sei gesetzlich möglich, aber werde so gut wie nie in Anspruch genommen. Es müsse Bestandteil guter Personalführung werden, einem pflegenden Mitarbeiter flexible Arbeitszeiten anzubieten oder Auszeiten etwa zur Regeneration zu gewähren, sagte der Pflegebeauftragte der Bundesregierung. Westerfellhaus hatte am Samstag vorgeschlagen, Familien mit neuen Pflegefällen daheim eine "Pflege-Hebamme" zur Verfügung zu stellen. Die Angehörigen seien in dieser Situation fast immer hilflos, sagte er. Nach einer repräsentativen Forsa-Umfrage gibt es in 58 Prozent der untersuchten Unternehmen keine betriebsinternen Angebote zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Pflege und keine entsprechenden Planungen. 43 Prozent der Unternehmen geben demnach an, dass solche Angebote zu aufwändig und andere Fragen wichtiger seien. 34 Prozent fänden entsprechende Maßnahmen zu teuer. Befragt wurden 401 Personalentscheider in Unternehmen ab 26 Mitarbeitern.
Hilfsangebote für Mitarbeiter, die privat Angehörige pflegen, spielen einer aktuellen Umfrage zufolge bei vielen Unternehmen keine Rolle. Betriebliche Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Pflege seien in 58 Prozent der befragten Unternehmen weder etabliert noch geplant, teilte das Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) am Montag in Berlin mit. 43 Prozent halten entsprechende Angebote generell eher für zu aufwendig und andere Fragen für wichtiger; rund ein Drittel (34 Prozent) findet solche Maßnahmen zu teuer. Unternehmen stünden in der Verantwortung, ihre Mitarbeiter bei der Bewältigung der Pflege zu unterstützen, sagte der ZQP-Vorsitzende Ralf Suhr. "Als Gesellschaft sind wir dringend auf die Familienarbeit der pflegenden Angehörigen angewiesen, die für diese häufig sehr belastend ist." Daher sei eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Pflege "ein Gebot der Stunde". Ausgewertet wurde für die Studie eine Stichprobe von 401 befragten Unternehmen in Deutschland mit mindestens 26 Mitarbeitern. Demnach spielt für 63 Prozent der befragten Firmen das Thema Demenz bei der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf keine wichtige Rolle. Laut ZQP pflegen derzeit geschätzt rund 2,6 Millionen Erwerbstätige auch noch einen Angehörigen. Die Tendenz sei steigend, da auch die Zahl pflegebedürftiger Menschen zunehme, hieß es.
In die Aufarbeitung kirchlicher Missbrauchsfälle muss sich der Staat nach Ansicht des Bundesbeauftragten Johannes-Wilhelm Rörig stärker einschalten. "Gerade weil Staat und Kirche Partner sind, ist hier auch der Staat gefragt", sagte der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung der "Süddeutschen Zeitung" (Montag). Er trage Verantwortung auch für die Kinder, "die sich in Obhut der Kirche befinden". Dazu forderte Rörig von der Bundesregierung entsprechende Verträge zwischen Bund, Ländern und Kirchen. Sie sollten ein Recht auf Akteneinsicht für Betroffene schaffen, Ermittlungs- und Zugangsbefugnisse sowie Ansprüche auf Entschädigung regeln. Dem Staat könne "nicht an einer Kirche gelegen sein, die jede Glaubwürdigkeit verliert", so Rörig. Die deutschen Bischöfe wollen am Dienstag eine bundesweite Studie bei ihrer Vollversammlung in Fulda vorstellen. Erste Ergebnisse wurden bereits durch Medienberichte bekannt. Der Titel der Untersuchung lautet "Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz". Viele Kirchenvertreter spürten, dass es so nicht weitergehe, sagte Rörig. "Es braucht einen weiteren, mutigen Schritt, um den Vertrauensverlust zu stoppen, um diese Schuld aufzuarbeiten." Die Studie sei nur "ein erster, respektabler Schritt zur Aufklärung". Da sei "auch der Staat gefragt, nach Wegen zu suchen, wie hier Gerechtigkeit hergestellt werden kann". Rörig forderte, eine unabhängige Aufarbeitung müsse weitergehen. "Die Betroffenen müssen im Mittelpunkt stehen, das von ihnen vorgetragene Leid". Zwischen der Institution und den Betroffenen müsse in angemessener Weise eine Klärung des Unrechts stattfinden, die Institution müsse ein "authentisches Schuldanerkenntnis" leisten. Auch die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) betonte mit Blick auf die Studie, tiefgreifende Reformen seien unvermeidlich. Es müsse endlich deutlich werden, dass die katholische Kirche veränderungswillig sei, sagte die Bundesvorsitzende Mechthild Heil. Zentrale Schritte seien eine strukturelle Erneuerung, die deutlich mehr Frauen den Zugang zu Leitungsfunktionen ermögliche, und die Frage nach Diensten und Ämtern von Frauen in der Kirche. "Es ist längst fünf vor zwölf", so Heil. Es gehe um einen glaubwürdigen Umgang mit der Schuld, da noch immer die vornehmlich männlichen Strukturen in der katholischen Kirche die Vertuschung von Übergriffen und Gewalt ermöglichten – auch gegen Frauen. Nicht zuletzt müsse die Bischofskonferenz vor dem Hintergrund der Missbrauchsfälle endlich Selbstkritik entwickeln und den konstruktiven Austausch zu Themen wie Aus- und Weiterbildung von Priestern, Ämter von Frauen in der Kirche und zeitgemäße Sexualethik verstärken. (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)